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Das Seelhaus – Modernisierung eines historischen Doppelhauses

Das Seelhaus ist eines der ältesten, erhaltenen Gebäude der Stadt. In den vergangenen Jahren stand das historische Doppelhaus leer. Die Stadt Herzogenaurach hat das bereits von außen renovierte Gebäude nun neu belebt und auch im Innenbereich sanieren lassen.

Das spätgotische Seelhaus ist heute ein denkmalgeschützter eingeschossiger Fachwerkbau mit Walmeindeckung. Es liegt zentral in der historischen Altstadt im Bereich um die Pfarrkirche St. Magdalena – eingebettet zwischen Kirchenplatz, der Hinteren Gasse mit dem Schlossgebäude und der Reytherstraße.

Nach seiner Erbauung diente es zunächst als Wohnhaus und wurde vermutlich erst später zum sogenannten Seelhaus umgewidmet, zu einer Sozialstiftung zur Pflege armer und kranker Bürger. Dies stand im Zusammenhang mit der Gründung der Sebastiansbruderschaft auf Initiative des Ortspfarrers 1496.

Das Konzept – Modernisiert anhand des bestehenden Raumgefüges

In den vergangenen Jahren stand das historische Doppelhaus leer. 2017 beschloss die Stadt Herzogenaurach das von außen renovierte Gebäude auch im Innenbereich sanieren zu lassen. Für das marode Gebäude aufgrund des undichten Daches wurde ein Modernisierungskonzept entwickelt, das den Ansprüchen eines modernen Wohngebäudes in historischen Gemäuern entspricht.

Die beiden Gebäudehälften sollten mit ihren jeweils giebelseitigen Zugängen und dem vorgefundene Raumgefüge erhalten bleiben. Die Einpassung von neuen Teilen in die teils morsche Balkenkonstruktion waren dabei eine besondere Herausforderung wie auch die Installation der modernen Haustechnik in den kleinen Gewölbekeller unter der nördlichen Wohneinheit. Die Fertigstellung ist für August 2020 geplant.

Das Gebäude – Tour vom Dachgeschoss in den Keller 

Das Seelhaus besteht aus dem Nord-Süd verlaufenden Eckhaus Kirchenplatz 10 und dem rückseitig angrenzenden, und nur durch eine gemeinsame Kommunwand getrennte, gleichgroßen Engelgasse 9. Die Doppelhaushälften sind durch ein gemeinsames Dach überbaut, mit Eingängen jeweils mittig auf den Giebelseiten. Die Gebäudeteile gliedern sich in einen durchgehenden Mittelgang/Flur, an dessen Ende die Treppenanlage zum Dachgeschoss liegt.

An den Flur anschließend befinden sich beidseitig zwei Räume. Das Dachgeschoss ist mit drei Dachkammern, auch einem kleinen Flur sowie einer Abstellschräge erschlossen. Der Spitzgiebel wird durch eine Bretterwand mit aufgesetzten Fugenleisten zum Nachbarbereich abgegrenzt. Auf der südlichen Dachseite verfügt das Gebäude über ein Schopfwalmdach und auf der nördlichen Dachseite über einen Fachwerkspitzgiebel, vermutlich im 18. Jahrhundert errichtet bzw. erneuert.

Daten & Fakten

  • Baujahr: 1457/1458
  • Modernisierung: Innenausbau ab Februar 2017, Fertigstellung August 2020
  • Gebäudegrundfläche: ca. 141 m²
  • Umbauter Raum: ca. 1.029 m³
  • Wohn- und Nutzflächen Süd: ca. 88 m²
  • Wohn- und Nutzflächen Nord: ca. 85 m²
  • Kosten: ca. 1,1 Mio. €
  • Architekten: Oliver Reiß, Nürnberg und Dirk Raffegerst, Scheßlitz

Kleine Anekdote von der Baustelle: Die überdimensionierte Grundmauer

Zu Beginn der Bauarbeiten wurde an der Südwest-Ecke des Fachwerkbaus gegraben, um die Gründung des spätmittelalterlichen Gebäudes zu prüfen. Dabei sind die Arbeiter auf ein mächtiges Fundament gestoßen, das in der meterdicken Ausführung viel zu massiv für das kleine Gebäude war.

Das Landesamt für Denkmalpflege vermutete, das das Fundament zu einem Vorgänger-Gebäude gehören könnte. Lag hier möglicherweise der in Herzogenaurach vermutete Königshof aus dem 8. Jahrhundert?

Archäologen wurden für die Analysen hinzugezogen. Nach deren Untersuchungen wurde klar, dass das entdeckte Fundament offenbar zur Mauer des Kirchhofes von St. Magdalena gehörte, die bereits 1311 erbaut wurde. Sie fanden zudem heraus, dass schon vor dem Bau des Seelhauses möglicherweise zwei kleine Häuser dort gestanden haben könnten. Das brachten ausgegrabene Scherben zutage, die auf das 14. Jahrhundert datiert werden konnten. Ein Bezug zu einem möglichen Königshof aus dem 8. Jahrhundert konnten die Archäologen nicht herstellen. Die gefundenen Spuren gehen nicht so weit zurück.


Dieses Projekt wird im Städtebauförderungsprogramm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" mit Mitteln des Bundes und des Freistaats Bayern gefördert.

Die Baugeschichte des Seelhauses

Das ehemalige Seelhaus ist ein Stiftungsanwesen, das Mitte des 15. Jahrhunderts als eingeschossiges Fachwerkhaus mit Walmeindeckung errichtet wurde und seit dem Mittelalter als Pilgerherberge und Unterkunft für Stadtarme diente. Die Erbauungszeit wird auf die Jahre 1457 und 1458 datiert. Laut einer dendrochronologische Untersuchung einzelner Dachsparren gehen diese in der südlichen Gebäudehälfte auf das Fälljahr 1457/58 zurück. Die Befundsondierung ergab, dass zu dieser Zeit sämtliche Außen- und Innenwände als Fachwerkkonstruktionen mit Ausfachungen ausgeführt waren. Die Aufteilung der Gebäudehälften bestand ursprünglich schon aus einem mittigen Gang und beidseitig zwei angrenzenden Räumen. Der südliche Raum verfügt über eine eingezogene, niedrige Bohlen-Balken-Decke, mit Holzbalken die vermutlich um ca. 1730 gefällt wurden. Die übrigen Räume und der Flur mit einer relativ hohen Raumhöhe von ca. drei Metern sind vermutlich Balkendecken mit geputzten Ausfachungen. Das Dachgeschoss bestand zu dieser Zeit vermutlich nur aus ein bis zwei Dachkammern in südlicher Dachrichtung.

18. Jahrhundert: Erneuerung des Nordgiebels

Im 18. Jahrhundert wurde der nördliche Giebelbereich verändert.

19. Jahrhundert: Austausch der nördlichen und östlichen Erdgeschosswände durch Mauerwerk

 Im 19. Jahrhundert wurden an den Deckenbereichen Kaschierungen vorgenommen und die Türsituationen verändert. Die Gestaltungsprinzipien in Form von Abfassungen mit Schablonen- und  Walzmustern sind an einigen Bereichen zu erkennen. Der Bereich der nördlichen Gebäudehälfte, die nordöstliche Außenmauer, teils auch Innenwände lassen vermuten, dass das Sandsteinmauerwerk dem ausgehenden 19. Jahrhundert zugeschrieben werden kann. Das könnte ein Vorspringen des Untergeschosses (EG) zum Giebelbereich in Verbindung mit der sehr uneinheitlichen Fenstersituation im EG erklären.

20. Jahrhundert: Diverse kleinere Umbauten und Vormauerungen

Anfang des 20. Jahrhundert wurde eine Innenwand in der Gangsituation versetzt und der südöstliche Gebäudebereich zu einem Bohlenzimmer vergrößert sowie Wandverkleidungen, Kaschierungen mit Putzträgern aus Rohr- und Rabitzmatten, teils auch Heraklithplatten, angebracht. Der Dachgeschossausbau (heutiger Zustand) mit Schlackesteinen und Heraklithplatten-Verkleidungen stammt ebenso aus dieser Phase. In der Mitte bis Ende des 20. Jahrhunderts wurden weitgehend Verkleidungen und Vormauerungen der Außenwände mit Ytong-Steinen, sowie Innenwandkaschierungen mittels Gipskartonplatten angebracht.

21. Jahrhundert: Erneuerung der Fenster

Die Fenstersituation im Erdgeschoss ist der letzten Bauphase des 21. Jahrhunderts zuzuordnen. Der Außenbereich im Süden und Osten zählt mit Gebäudekante bereits zur öffentlichen Fläche.

Die Baubeschreibung des mittelalterlichen Fachwerkhauses

Das denkmalgeschützte Fachwerkhaus befindet sich in der historischen Altstadt von Herzogenaurach unweit der Stadtpfarrkirche mit umlaufendem Kirchenplatz und zählt zu den ältesten noch erhaltenen Bürgerhäusern der Stadt. Es ist als Doppelhaus errichtet und steht giebelständig im Süden zum Kirchenplatz und mit der östlichen Traufe zur Engelgasse.

Nach Westen hin schließt die Nachbarbebauung direkt an, die Gebäude sind nur durch eine schmale Gasse voneinander getrennt.

Bei dem Gebäude handelt es sich um ein eingeschossiges, Nord-Süd-gerichtetes, gotisches Fachwerkhaus mit einer Hausbreite von ca. 10,00 Metern und einer Hauslänge von ca. 13,25 Metern. Die Wände im Erdgeschoss der nördlichen Gebäudehälfte sind an der Nord- und Ostseite in Mauerwerk ausgeführt.

Bei der auffälligen Fachwerkfassade zum Kirchenplatz hin, kragt das Dachgeschoss um ca. 20 Zentimeter aus. Die Zierformen der Fassade beschränken sich auf zwei Kreuzstreben über den Fenstern zur ehemaligen Bohlenstube hin und auf die bauzeitlich typischen einfachen Schwalbenschwanzblätter zum Anschluss der Kopf- und Fußbänder.

Die Dachneigung beträgt ca. 52 Grad. Das steile Satteldach mit Schopfwalm über dem 1. Dachgeschoss ist mit einer Biberschwanzdoppeldeckung eingedeckt. Die Traufhöhe liegt am Kirchenplatz ca. 3,50 m über dem Straßenniveau.

Das Gebäude ist mittig in zwei separate Hälften geteilt und hat aufgrund der getrennten Eingänge zum einen die Adresse Kirchenplatz 9 und zum anderen die Adresse Engelgasse 10. Das Haus ist auf zwei Flurstücken errichtet (Fl. Nr. 152 und 153).

Das Baugrundstück entspricht den Außenmauern des Gebäudes, da im nördlichen Bereich ein dauerhaftes Fahrt- und Zugangsrecht gewährleistet sein muss.

Die Gliederung der beiden Hälften ist nahezu spiegelbildlich mit mittigem Flur in Gebäudelängsrichtung. In der nördlichen Haushälfte befindet sich auch der Zugang zum dort befindlichen kleinen Gewölbekeller. Die südliche Gebäudehälfte ist nicht unterkellert.

Die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen

An der inneren Raumstruktur sind nur wenige Eingriffe geplant wie der Rückbau des Flurbereiches auf historischen Stand. Die wesentlichen Eingriffe finden im 1. Dachgeschoss statt.

Die Wandstellungen im 1. Dachgeschoss sind im Wesentlichen aus dem 20. Jahrhundert

(Zwischenwände aus Bimsstein). Die Zwischenwände im Dachgeschoss haben keinen Verbund zur Kehlbalkendecke und müssen aus statischen Gründen gegen neue Wände ausgetauscht werden. Diese neuen Wände werden als Leichtbauwände in Holzkonstruktion erstellt. Bis auf die Nassräume und die Flurbereiche im Erdgeschoß sind als Bodenbeläge Holzdielen geplant. Diverse Befunde an den freigelegten Wänden, Boden- und Deckenbereichen der Südhälfte geben Aufschluss auf die historischen Wandstellungen.

Auf Grund neuer Platzverhältnisse bzw. -bedürfnisse wurden die Raumstrukturen in Teilbereichen geändert. Die konzeptionelle Idee ist nun die ursprünglichen Wandstellungen sichtbar zu erhalten. Die vorgefundenen Deckenausführungen werden wieder dem historischen Vorbild nachvollzogen. Vorhandene Decken werden repariert und wenn nötig in Teilbereichen ergänzt.

An Stellen wo die Decken nicht mehr vorhanden sind, werden neue Fehlböden eingebaut und die Deckenfelder oberflächenbündig mit der Untersicht der Deckenbalken verputzt. Decken die bisher noch keine Füllungen hatten sollen auch keine Füllungen erhalten. So ist z. B. im südwestlichen Raum des 1. Dachgeschosses die historische Bretterdecke mit Deckleisten und weißer Fassung noch erhalten. Diese Decke wird repariert und restauratorisch überarbeitet.

Ferner ist das Ziel konstruktive Mängel bzw. Abänderungen wieder in den „Ursprungszustand“ zu versetzen, sofern sich dies mit dem Grundriss vereinbaren lässt. Als Beispiel ist hier an den Wiedereinbau der Kopfstreben im südwestlichen Raum des Erdgeschosses gedacht. Die bauzeitlichen Holzständer sowie der Deckenbalken der ursprünglichen Wandstellung sind hier noch erhalten. Die ursprünglichen Kopfstreben fehlen und werden wieder eingesetzt. Im 1. Dachgeschoss der Südhälfte wurden zwei Holzstützen versetzt. Diese werden wieder an ihre bauzeitliche Lage gerückt.

Als besonderes Merkmal zählt auch die Bohlen-Balken-Decke in der südöstlichen Stube (ehemals Bohlenstube). Die Bohlen-Balken-Decke ist als Zwischendecke unter der eigentlichen Geschossdecke eingebaut und ist oberseitig mit einem Lehmschlag versehen (1730).

Die Bohlenbalkendecke wird restauratorisch überarbeitet und neu gefasst.

Der Zwischenraum oberhalb der Spunddecke wird gesäubert und gereinigt. Der Lehmschlag bleibt erhalten und wird gegebenenfalls in Teilen repariert.

Im nördlichen Bereich der „Bohlenstube“ ist die ehemalige Bohlenwand nicht mehr erhalten. Es gibt hier nur noch den Unterzug bzw. den Rähmbalken, in dessen Bereich die Deckenhöhe nach oben verspringt (anschließender Raum, geplanter Küchenbereich). Damit dieser Zwischenraum oberhalb der Spunddecke belüftbar und erlebbar bleibt.

Unter der Nordhälfte befindet sich ein kleiner Gewölbekeller. Die Sandsteinoberflächen sowie die Fugen werden überarbeitet. Als Bodenbelag ist ein Pflaster geplant.

Die verwendeten Baumaterialien

Wärmedämmung/Beheizung:

Die Innendämmung der Umfassungswände wird mittels rein mineralischem Wärmedämmputz,

Dicke im Mittel ca. 8 bis 10 cm, raumseitig ca. 1 cm Kalkputz, erfolgen. Die Umfassungswände erhalten eine Randleisten- und Fußbodenheizung.

In Teilbereichen kann eine Kombination mit Einzelheizkörpern (z.B. Bad, Flur) sinnvoll sein. Der Fußbodenaufbau gegen das Erdreich ist größtenteils nicht mehr ursprünglich und wird gegen einen neuen gedämmten Fußbodenaufbau ausgetauscht.

Belichtung:

Einbau neuer denkmalgerechter Holzfenster (Isolierverglasung, Bauglas,) mit angepasster schmaler Profilierung und Fensterteilung.

Da die Öffnungen im Dachbereich zu klein sind, werden auf der Ostseite aus brandschutztechnischen Gründen Erker mit größeren Fenstern zur Gewährleistung des 2. Rettungsweges für die südliche Gebäudehälfte eingebaut.

Dachdeckung/Klempnerarbeiten:

Dacheindeckung mit Biberschwanzziegeln (Spitzgothikbiber), naturrot, Ausführung als Doppeldeckung. Dachentwässerung und Einblechungen in Kupfer.

Haustechnik:

Alle Anschlüsse und Leitungen für Strom, Wasser, Abwasser und Versorgung mit Gas werden überprüft, gegebenenfalls ausgetauscht bzw. neu erstellt. Die beiden Haushälften werden jeweils über eine eigene Gastherme versorgt. Die Gasthermen werden jeweils gedämmten Dachraum im 2. Dachgeschoss untergebracht.

 

Bildergalerie Seelhaus

Innenaufnahmen vor der Sanierung
Innenaufnahmen vor der Sanierung
Innenaufnahmen vor der Sanierung
Das Gerüst für die Dachsanierung wird gestellt
Das alte Gemäuer ist freigelegt
Freilegen der Fundamente
Fachwerkbauweise: Alte und neue Holzbalken ergänzen sich
Die Balken des Dachstuhls werden erneuert
Die Renovierungsarbeiten im Innenbereich
Die Renovierungsarbeiten im Innenbereich
Die Renovierungsarbeiten im Innenbereich
Die Haustechnik im Kellergewölbe
Einer der frisch gestrichenen Räume im Obergeschoss
Mit Ausblick auf den Kirchenplatz
Ein Blick in die frisch renovierten Innenräume
Ein Blick in die frisch renovierten Innenräume
Ein Blick in die frisch renovierten Innenräume
Ein Blick in die frisch renovierten Innenräume
Das fertiggestellte Seelhaus vom Kirchenplatz aus gesehen
Das fertiggestellte Seelhaus mit dem Eingang in der Engelgasse
Die Kirche St. Magdalena in der Nachbarschaft
Detailansicht Dachgaube
Blick aus dem Fenster der Dachgaube
Dachdetail des historischen Seelhauses
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